Stoppt die Waffen und das Leid der Zivilbevölkerung. Seid Menschen.

Stoppt die Waffen und das Leid der Zivilbevölkerung. Seid Menschen.

250620_Seid_Menschen_1920x1080px

Derzeit halten Konflikte die Welt in Atem. In unserem Team arbeiten Menschen mit unterschiedlichen Geschichten und Hintergründen. Einige von uns haben jüdische, iranische oder ukrainische Wurzeln. Was global passiert, trifft uns persönlich. Es löst Angst aus. Trauer. Wut. Uns war wichtig, diesen Erfahrungen Raum zu geben.

Deshalb haben wir als Team bewusst das Gespräch gesucht – über politische Realitäten, persönliche Betroffenheit und über das, was wir sagen müssen, auch wenn es unbequem ist. Wir sehen, wie schwer es ist, Position zu beziehen, ohne vorschnell zu urteilen.

Politische Räume entstehen überall dort, wo Menschen miteinander sprechen. Auch am Arbeitsplatz. Dieser Text ist aus genau einem solchen Raum entstanden, als kollektives Ergebnis unseres Teams.

Unser Text richtet sich nicht gegen Völker, sondern gegen politisch verantwortliche Gewalten. Unsere Solidarität gilt den Menschen – nicht den Machtapparaten.

Es kann uns nicht gelingen hier eine vollständige Ausgewogenheit aller Perspektiven und historischen Verantwortungen im Zusammenhang der aktuellen Schrecken einzubeziehen. Unsere Solidarität gilt allen Menschen, die unter autoritärer, gewalttätiger oder besatzender Politik leiden – unabhängig von Nationalität, Religion oder politischer Zugehörigkeit.

Wir spüren die Angst vor der drohenden ansteigenden Eskalationsspirale. Feindbilder verschärfen sich. Gewalt von außen durch Angriffe befeuert die Legitimation von mehr Gewalt nach innen gegen die eigene Bevölkerung. Auch Hoffnungen auf Regimewechsel ändern nichts an der aktuellen Verschärfung des Leids der Zivilbevölkerung im Iran. Millionen Palästinenser*innen leiden unter Blockade, Vertreibung und Perspektivlosigkeit und der Hamas, die ihrerseits gezielt Terror gegen israelische Zivilist*innen betreibt und noch immer Geiseln gefangen hält. Das Leid der Zivilist*innen in der Ukraine setzt sich durch Putins Angriffskrieg fort.

Was all diese Konflikte und ihre komplexen Hintergründe eint: Zivilpersonen werden nicht verschont. Das humanitäre Völkerrecht wird missachtet.

Die Angriffe treffen Wohnviertel, Krankenhäuser, Schulen und Infrastruktur – Orte, an denen keine Kombattanten, sondern Schutzbedürftige leben. Die zivile Bevölkerung braucht auch bei Angriffen auf Infrastruktur eine angemessene Reaktionszeit.

Kann eine 15 Millionen Stadt wie Teheran binnen 24 Stunden evakuiert werden? Natürlich nicht! Wer glaubt, damit seien zivile Opfer vermeidbar gewesen, verdrängt die Realität urbaner Komplexität – oder nimmt sie billigend in Kauf. Sich im Nachhinein auf eine solche Warnung zu berufen, ist nicht etwa verantwortungsvoll, sondern scheinheilig.

Wir brauchen eine stabile Welt. Mit leichtfertig ausgetragenen bewaffneten Konflikten zerstören wir Jahre des Vertrauensaufbaus und der Versöhnung. Europa ist in der Pflicht sich für die Versöhnung der Bevölkerung einzusetzen. Es bedarf immer nur eines kleinen Feuers, um die Errungenschaften ganzer Jahrzehnte zu vernichten.

Wir sehen, wie Menschenrechte und Völkerrechte gebrochen werden. Wir sehen, wie Moral und Ethik an Waffensysteme delegiert werden. Hochgerüstete KI-Systeme, wie das Zielsystem Lavender kommen zum Einsatz, in denen definiert wird wie viele „zivile Opfer“ für eine „Zielperson“ moralisch akzeptabel sei, sodass Raketen automatisiert gestartet werden können. Die Eskalationsspirale militärischer Entscheidungen wird parametrisiert. Der Einsatz neuer Technologien hebelt völkerrechtliche Standards auf einer neuen Stufe aus.
Und Europa sieht zu. Die verstörenden Nachrichten, Bilder und Hilferufe von Menschen vor Ort sind seit Jahren trauriger Alltag geworden.

Jede Thematisierung ist ein politisches Minenfeld. Die Konflikte, ihre Ursachen und Verflechtungen sind hochkomplex, historisch weit verzweigt, emotional aufgeladen und auch tief in der Vergangenheit europäischer Länder verwurzelt.

Doch so verworren die Hintergründe auch sein mögen – so einfach, klar und unverhandelbar bleiben unsere Grundsätze:
  1. Die Würde jedes Menschen ist unantastbar.
  2. Zivilpersonen dürfen niemals Ziel militärischer Gewalt werden.
  3. Kein Ziel, kein Anspruch, kein Glaube rechtfertigt den Angriff auf unschuldige Menschen.
  4. Wir stehen für die Unverletzlichkeit international anerkannter Staatsgrenzen – sowohl in der Ukraine als auch in Israel, Palästina und darüber hinaus.
Wir sind alle „frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“
– aus Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948

Wir verurteilen jegliche Gewalt gegen Zivilist*innen aufs Schärfste.

  • Wir fordern alle Kriegsparteien dazu auf, die Kriegshandlungen sofort zu stoppen.
  • Wir fordern ein sofortiges Ende aller Kriegsverbrechen, die gegen die Zivilbevölkerung gerichtet sind.
  • Wir fordern alle Parteien auf unverzüglich und überprüfbar auf die Androhung und den Einsatz von Atomwaffen zu verzichten.
  • Wir fordern insbesondere Präsident Netanjahu, den oberste Religionsführer Khamenei als auch Präsident Putin dazu auf, das Morden und die Verbrechen an der Zivilbevölkerung zu beenden.
  • Wir fordern internationale Hilfsorganisationen nicht zu behindern, Hilfskorridore offen zu lassen und die uneingeschränkte Versorgung der Zivilbevölkerung mit Nahrung, Wasser, medizinischer Versorgung, Strom und Kommunikationsmöglichkeiten zu gewährleisten.
  • Wir fordern Europa auf zu handeln.

Das heißt auch für Deutschland sich einzusetzen, dass Kriegsverbrechen klar untersucht und benannt werden. Mit Europa dafür zu sorgen, dass kein Staat nur aufgrund von militärischer Überlegenheit das Völkerrecht missachten kann. Strafmaßnahmen für den Aggressor und Unterstützungsmaßnahmen für das angegriffene Land müssen unverzüglich und mit Ernsthaftigkeit erfolgen. Alles unter dem Ziel, dass die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, die zu einer sofortigen Einstellung der Beschießungen führen.

Das heißt auch, in Zeiten von Wirtschaftskrisen unsere Werte bei der Freigabe von Waffenexporten nicht aufzuweichen – selbst wenn an Kriegswirtschaft und Wiederaufbau verdient wird, etwa in Ägypten, Griechenland, Israel, Saudi-Arabien, Südkorea oder der Türkei, mit denen wir in den letzten Jahren unsere Wirtschaftsleistung gesteigert haben.

Das heißt auf unsere Worte zu achten. Wenn der deutsche Bundeskanzler von der „Drecksarbeit, die Israel für den Westen leistet“ spricht, so verharmlost er auf makabere Weise die Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Es blendet aus, wie seit Jahren mutige Zivilist*innen im Iran unter dem Einsatz ihres Lebens für Veränderung auf die Straße gingen und u.a. Deutschland aufriefen nicht wegzuschauen. Es blendet aus, wie Deutschland seit Jahren Handelsbeziehungen zum iranischen Regime unterhielt. Wenn Donald Trump davon spricht, dass „die Boys auch einmal Dinge auskämpfen müssen“, dann verschleiert auch er, dass nicht „die Boys“ – im Sinne der Machthaber – diejenigen sind, die durch das Auskämpfen unschuldig ihr Leben verlieren.

Das heißt, sich auf die Werte zu besinnen, auf denen unsere Gesellschaft nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde: dem Schutz der Menschen, ihrer Würde, ihrer Gesundheit und Zukunft. Diese Werte sind nicht bloß ideal, sondern in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und im Völkerrecht fest verankert. Die Präambel der Menschenrechte mahnt vor den fatalen Folgen ihrer Missachtung, in dem sie erinnert, dass „die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben“ und dass „es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen“. Um diese Rechte nicht nur zu verkünden, sondern auch wirksam zu schützen, wurde der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) geschaffen, dessen Aufgabe es ist länderübergreifend und aus neutraler Position heraus Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verurteilen.

Das heißt, Haftbefehle des IStGH gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den ehemalige israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant und den Hamas-Führer Mohammed Deif zu achten. Es ist nicht akzeptabel, diese aufzuweichen, wie beispielsweise Armin Laschet, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, als er im ZDF am 25.05.2025 bezüglich Netanjahu sagte: „Sollte er kommen zu irgendeiner Konferenz, wird er auf deutschem Boden nicht verhaftet.”. Wir dürfen uns nicht anmaßen über dem internationalen Recht zu stehen und dessen Wert damit über Bord zu werfen.

Wir fordern, dass sich Deutschland und Europa für die Wahrung der Menschenrechte und Völkerrecht einsetzen. Wir hoffen, dass Waffengewalt und Unterdrückung enden. Europa muss sich für das Recht auf freie Wahlen mit internationaler Beobachtung einsetzen. Egal in welchem Land, es gilt das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung über die künftige Staatsordnung.

Inspiriert von Immanuel Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ fordern wir ein sofortiges Ende der Gewalt gegen Zivilpersonen und die konsequente Anwendung des internationalen Rechts. Kants Vision eines gerechten und dauerhaften Friedens verpflichtet alle Staaten – unabhängig von politischen Systemen oder geostrategischen Interessen – zur Achtung der Menschenwürde, zur Kooperation unter Recht und zur Ablehnung des Krieges als Mittel der Politik.

Kriege und gezielte Gewalt gegen die Zivilbevölkerung sind keine Mittel der Selbstverteidigung, sondern Verbrechen, die geahndet werden müssen – durch unabhängige internationale Gerichte und die Stimme der Weltgemeinschaft.

Wir appellieren an die Regierungen, die internationale Gemeinschaft und alle Menschen: Lasst uns dem moralischen Kompass folgen, den wir in den Menschenrechten verankert haben – der auf Recht statt Gewalt, auf Freiheit statt Furcht und auf Frieden statt Zerstörung gründet.

„Wir sind alle gleich – es gibt kein christliches, kein muslimisches, kein jüdisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut. […] Seid Menschen!“
– Margot Friedländer
Schaltzeit
Das Schaltzeit-Team ist international und in allen Altersgruppen vertreten. Wir erzeugen Reibung – auch untereinander. Was uns vereint ist die Leidenschaft, inhaltlich zu arbeiten. Das Buzzwording überlassen wir gern anderen.
Subscribe now
Neues aus der Schaltzentrale
Sign up now to receive regular updates directly to your inbox. All at an appropriate delivery interval that respects your time and attention.
Scroll to Top