Von der Wiege bis zur Bahre – Kompostierung neu gedacht.

Von der Wiege bis zur Bahre – Kompostierung neu gedacht.

Ein mit Pflanzenmaterial bedeckter Dummy ruht auf einer Bahre vor einem offenen Gefäß. (Quelle:recompose.life)

Wir wollen das Klima schützen und gleichzeitig auf nichts verzichten? Das ist zunächst ein Widerspruch. Dennoch ein kleiner Schritt für jeden Menschen könnte es doch sein, seine Nährstoffe anderen Organismen zur Verfügung zu stellen. Wie wäre es also, wenn ihr euren Körper nach dem  Leben der Natur spendet? Das hierbei ethische Grundhaltungen und Glaubensätze sich reiben ist klar. Aber zuerst die Faktenlage. Es gibt seit mehreren Jahren den Trend, sich auch natürlich bestatten zu lassen. Diese natürlichen Beerdigungen zeichnen sich zumeist darin aus, dass verzichtet wird auf:

  • Grabstein
  • Behandeltes Holz für Särge
  • Einbalsamierung
  • Abbaubare Kleidung
  • Urne oder Schmuck
  • Totenasche (Da diese meist belastet ist)

In Europa sind diese grünen Bestattungen noch weitestgehend unbekannt. Sie haben den Nachteil, dass der Zersetzungsprozess gemäß der Bodenverhältnisse entsteht und der Abbau sich sehr langsam vollzieht. Wir reden hier von bis zu 30 Jahren und mehr.

In Deutschland und der Schweiz sind seit 2000 sogenannte Bestattungswälder entstanden. Dabei wird die Totenasche eingebracht. Diese Wälder werden über 99 Jahre betrieben, erlauben es aber nicht, dass der Körper als Ganzes beerdigt wird. Die Beisetzung der Asche hat den Nachteil das diese oft Schwermetallrückstände besitzt.

Die Firma recompose.life geht einen ganz anderen Ansatz. Sie will Menschen „kompostieren“ und den Angehörigen die Erde übergeben. Diese Zustandsveränderung von Leiche zu Kompost wird jetzt also beschleunigt. Statt einer Schaltzeit von 360 Monaten reichen jetzt 30 Tage. Prof. Wescott von der Texas State Universität studiert die Kompostierbarkeit von menschlichen Körpern. Er sagt:  „As long as you have good bacterial activity, you can decompose in probably a month.“

Dabei wird man wie in einem Krematorium erst behandelt. Sie setzt auf Kapseln, in den der Körper binnen 30 Tagen in Erde zersetzt wird. Das Verfahren sorgt dafür, dass der Körper auf eine Trage gelegt wird und mit Luzernen, Stroh und Hackschnitzeln umgeben wird. In der Kapsel wird dann die Zersetzung durch thermophile wärmeliebende Bakterien angeregt. Dabei werden auch Krankheitserreger zerstört, da die Betriebstemperatur der Bakterien bei 55C° liegt.

Den Gründern selbst geht es darum dem dem Cradle-to-Cradle-Prinzip zu agieren. Warum sollen wir Organisches Material verbrennen, wenn es denn ermöglicht, dass andere Organismen sich von ihm ernähren können. Dabei spart man zwischen 0,84 und 1,4 Tonnen CO₂ ein. Allein in Deutschland sterben ca, 985.000 Menschen je Jahr. Das ergibt ein enormes Einsparpotential an CO².

Im Ergebnis haben wir zudem einen Kompost, der der Natur wieder hinzugeführt werden kann. Deshalb wurde die erste Location in Kent, Washington auch Gewächshaus genannt. Wer möchte, kann die Erde mitnehmen. Bei bis zu 1m³ Komposterde je Mensch, ist es vielleicht ratsam, die Erde zu spenden und sich ein kleines Andenken mitzunehmen.

Dem Wandel zu Cradle-to-Cradle-Prinzipien stehen natürlich nicht nur unsere persönlichen Meinungen entgegen, sondern auch unsere Konfessionen. Die Katholische Kirche betont zum Beispiel, sie lehne die Teilnahme an Bestattungen von Katholiken in Bestattungswäldern ab. Denn das naturreligiöse Bekenntnis, widerspricht dem christlichen Glauben an die Auferstehung und das ewige Leben. Also der Mensch kann also nicht Teil eines Kreislaufs nach dem Tod sein. Aber immerhin ist die Begleitung durch einen Geistlichen bereits erlaubt.

Wie würden Sie sich entscheiden? Pro Umwelt? Oder Pro Tradition?

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Weiter Links zum Thema:

Recompose — Ecological Death Care

Human Composting Could Soon Be Legal in Colorado – The New York Times (nytimes.com)

Klimafreundliche Bestattung: Körper zu Kompost | heise online

How do you compost a human body – and why would you? – BBC News

Katrina Spade (@KatrinaSpade) / Twitter

Human Composting Could Soon Be Legal in Colorado – The New York Times (nytimes.com)

Bestattungswald – Wikipedia

© Bildquellen

  • Ein mit Pflanzenmaterial bedeckter Dummy ruht auf einer Bahre vor einem offenen Gefäß. (Quelle:recompose.life): © Sabel Roizen
André Winzer
Formeller Kopf, aber im Allgemeinen lieber kopflos, stürzt er sich in neue Herausforderungen. Der Schalter steht bei ihm auf Haupt, der Aktionsradius gern auf Simultan. Er analysiert & interpretiert leidenschaftlich Geschäftsmodelle. In Workshops als auch Vorträgen geht es dabei rund um das Thema „Preparing for Tomorrow“. Dabei zeigt er gern, dass Geschäftsmodelle auch leicht auf andere Branchen übertragbar sind.
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