3 Fragen an… André Winzer

3 Fragen an… André Winzer

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In unserer Rubrik „3 Fragen an…“ befragen wir regelmäßig Expert*innen zu den Themen, die die Zukunft von Organisationen und Gesellschaft nachhaltig beeinflussen werden. Von Softwareentwicklung und Künstlicher Intelligenz über strategische Vorausschau und Zukunftshaltungen bis hin zu Nachhaltigkeit und den Umgang mit Zukunftsängsten – wir beleuchten die Trends und Entwicklungen, die uns helfen, zukunftsorientiert zu denken und zu handeln.
Seit Corona verspürt Schaltzeit CEO André Winzer ein starkes Bedürfnis, Menschen wieder persönlich zusammenzubringen und gemeinsames Arbeiten zu ermöglichen. Dabei ist auch die gegenseitige Wahrnehmung ein entscheidender Aspekt. In einer Zeit, in der Effizienz häufig das Zwischenmenschliche verdrängt, geht oft der Raum für Neugier, Lernen und Selbsterfahrung verloren – Elemente, die seiner Meinung nach regelmäßig gefördert werden sollten.
Im Interview spricht er darüber, wie Störungen im beruflichen und sozialen Kontext sowohl als Herausforderungen als auch als Chancen zur Selbstreflexion und Anpassung genutzt werden können und wie Organisationen sie gezielt einsetzen, um Veränderungen anzustoßen und das Verhalten der Mitarbeitenden zu beeinflussen.

Wie kamst Du auf das Thema „Störungen“?

André: Ich fand schon in meiner Mediationsausbildung den „Umgang mit Störungen“ immer sehr interessant. Sie legen etwas offen. Sie zeigen uns eine Anfälligkeit, in uns selbst. Diese hängt davon ab
Störungen können als Interventionen den Fokus verschieben. Sie ziehen die Aufmerksamkeit. Sie weisen auch auf etwas hin, was zutiefst im Inneren bei uns selbst nicht in Ordnung ist. Es ist die Suche nach einem Einfallstor. Sie können bewusst oder unbewusst existieren.
Im Beruf oder der Moderation, lernen wir mit Störungen umzugehen. Sie teilweise offenzulegen, oder anhand von Spielregeln nicht die Kontrolle zu verlieren. Das geht, da wir selbst den Rahmen setzen. Sind wir jedoch innerhalb einer Organisation, sind wir Teil eines sozialen Systems. Wir stehen auf dem Spielbrett, es ist uns dann nur schwer möglich uns zu entziehen. Das ist dann der Moment, wo wir anfällig für Manipulationstechniken sind, wenn wir unser bewusstes Handeln nicht fest verankert haben.

Was bedeutet das Spielbrett?

André: Ich bin eine Figur oder eine Persona. Aus der Interaktion mit anderen entstehen Chancen als auch Risiken. Es ist wichtig, dass die Kommunikation und das Bewusstsein bei allen vorhanden ist. Wenn ich mein Verhalten immer nur nach äußeren Rahmenbedingungen ausrichte, werde ich fremdbestimmt. „The Power Of Nice“ funktioniert, wenn wir prosoziale Systeme fördern und diese Werte nach oben stellen und in Krisenzeiten an Ihnen festhalten. Wie in einem Glaubenssatz. Tun wir das nicht, passen wir uns zwar schneller an, verlieren jedoch Zukunftsoptionen und eine Zukunftsstimmung. Gerade diese bestimmt jedoch unsere Motivation.
Wenn wir wie Kaninchen reagieren, handeln wir instinktiv und folgen unserem Fluchtreflex hin zu einem vermeintlich sicheren Hafen. In Krisenzeiten führt dieses Verhalten dazu, dass Shareholder verstärkt auf Kennzahlen setzen. Hans Rusinek schrieb, zum Thema „The Power Of Nice“ , dass es immer noch ein starken Widerspruch gibt. Niemand will warten, Ergebnisse müssen geliefert werden. Prosoziale CEOs werden daher in schlechten Zeiten oft ersetzt.

Warum setzen Organisationen Störungen bewusst ein und was bedeutet das für mich?

André: Organisationen versuchen Ihre Strukturen immer wieder neu zu optimieren. Eine Neustrukturierung sorgt dafür, dass sich das Team neu ausrichtet, die eigenen Zukunftschancen hinterfragt und sich mit dem Transformationsthema befasst. Organisationen setzen Störungen bewusst ein, um ein Anpassungsverhalten zu fördern. Derzeit ist dies gerade in der Automobilindustrie zu sehen. Gebetsmühlenartig wiederholen Angestellte, dass Sie sich als Organisation „zu fett gefuttert haben“; es mal notwendig ist, einen „Haircut“ zu vollziehen, oder mit Mantras wie „Cut2Grow“ wieder an die Spitze zurückzukehren.
The Noise is faster than the signal – das bedeutet auch die Informationsverarbeitung verursacht Störungen, weil mein Gehirn versucht alles miteinander zu kombinieren. Es geht darum, das Informationsrauschen zu reduzieren, sich zu fokussieren um dann bewusst die entscheidenden Signale zu verstärken.
Ich muss mich immer mit mir selbst auseinandersetzen. Ich brauche einen Sinn und mein Spielfeld. Ich muss bewusst agieren. Wenn mein Bewegungsspielraum eingeschränkt wird, muss ich dieses Spielfeld verteidigen, verschieben oder ein neues Spielfeld eröffnen. Das heißt, die Frage „Nice Guys Finish Last“ sollte nie als gegeben oder wie wir ZukunftsforscherInnen sagen, als ein ‚Given‘ hingenommen werden. Der Begriff ‚Nice Guys‘ sollte vielmehr erweitert werden. Vielleicht sprechen wir künftig von ‚Nice Colleges‘ und ergänzen: Proactive, nice colleges set and adjust their finish lines according to their own rules.
Wir danken Dir für die Denkanstöße, André!​

Workshop: Organisationsentwicklung: Störsignale erkennen, Klarheit schaffen

Schaltzeit möchte den gemeinsamen Austausch zum Thema „Störungen“ fördern. André Winzer lädt alle Interessierten zu einem gemeinsamen Mini-Workshop ein, an dem Wissen und Erfahrungen ausgetauscht und Neugier geweckt werden sollen, sodass alle aktiv am Austausch teilhaben. In unserem Workshop suchen wir unter anderem nach Antworten auf die folgenden Fragen:

Meldet euch an, wir freuen uns auf euch! Das Event ist kostenlos, doch wer möchte, kann gerne einen freiwilligen Beitrag leisten, um die Veranstaltung zu unterstützen.

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