Wenn Störsignale klare Entscheidungen unmöglich machen
Als Organisation habt ihr die Corona-Pandemie überstanden, und jetzt wird vom „Zeitalter der Omnikrisen“ gesprochen. Einige mögen das als Übertreibung abtun, andere meinen „ach das ist doch nur dieser Horx, das Orakel von Frankfurt“. Doch das mulmige Gefühl bleibt bestehen.
Die Realität spiegelt die Unsicherheiten wider: Der Haushaltsstreit zieht sich durch das Sommerloch, die Inflation ist nach wie vor nicht unter Kontrolle, und der Ukrainekrieg brodelt weiter. Der Konsum verlangsamt sich, und viele fragen sich:
- Stecken wir in einer Konjunkturdelle oder in einer langanhaltenden Krise?
- Ist dies nur der Auftakt?
- Sollten wir abwarten, de-investieren oder vielleicht gar nichts tun?
- Sollten wir mehr kommunizieren?
- Mehr Zeit für Prozessoptimierungen oder Innovationen aufwenden?
Strategieberatungen weltweit reden von der VUCA-Welt – einer Welt, die volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig ist – und fordern, dass Organisationen robust und resilient sein müssen. Aber was bedeutet es wirklich, „VUCA ready“ zu sein? Ist das nur ein weiteres Buzzword, um in fallenden Märkten an der Angst zu verdienen?
Der Käufermarkt wandelt sich zum Verkäufermarkt. Von Unternehmensführungen wird erwartet, dass sie uns auch in Krisenzeiten sicher durch unsichere Gewässer navigieren. Doch auch sie fühlen sich oft überfordert.
- Vielleicht wäre es an der Zeit, schnell noch eine Beratung einzukaufen?
- Ist es nicht beruhigend zu wissen, dass Omnikrisen und die VUCA-Welt als externe Faktoren betrachtet werden?
- Bedeutet das, dass ich als Geschäftsführung keine Schuld trage? Oder doch?
- Was nun? Sollten wir die wenigen Ressourcen nutzen, um mit Werbung auf uns aufmerksam zu machen? Aber ist das sinnvoll, wenn ohnehin niemand etwas kauft?
- Wäre es klug, ein paar Zukunftsforscher zu Rate zu ziehen?
- Oder warten wir auf den Insolvenzverwalter, der das Unternehmen wieder gesundschrumpft?
In Krisenzeiten sind Maßnahmen oft angstgetrieben
Allen ist die Handlungsnotwendigkeit bewusst, aber die Eignung der Maßnahmen wird seltener hinterfragt. Daher werden gern mehr Schritte durchgeführt, als eigentlich notwendig sind, denn Krisenzeiten können für unliebsame Anpassungen genutzt werden.
Für börsennotierte Unternehmen müssen die Quartalszahlen stimmen, koste es, was es wolle. Da kommen schnell drastische Maßnahmen in den Sinn: 10% der Belegschaft entlassen? Warum nicht? Die anderen 90% fühlen sich sicher. Als CEO punktet man durch Handeln. Doch es ist schwer, diese Last allein zu tragen. Dabei geht etwas Wesentliches verloren: das gemeinsame Bewusstsein.
Handeln nur, um als handelnd wahrgenommen zu werden, darf nicht die Prämisse sein.
Es steckt System dahinter. Wir wünschen uns selbst keine Krisenerfahrungen und verstecken diese oft auch vor unseren Kindern. Wie oft habe ich von meiner Mutter den Satz gehört: „Alles ist gut!“ oder „Das kriegen wir wieder hin!“
Auch als Geschäftsführung kann man in Zeiten von Omnikrisen dem Hoffnungsmodus verfallen. Aber die Vorstellung, dass alles wieder normal wird, tritt oft verzögert ein.
Eine passive oder reaktive Zukunftshaltung ist hier fehl am Platz
Idealerweise verfügen Unternehmen über eigenverantwortliche Mitarbeitende. Gerade in Krisenzeiten sollten diese Eigenverantwortung leben, Unsicherheiten anerkennen und aktiv ansprechen.
Störsignale können dazu führen, dass wir uns orientierungslos fühlen. Wir wissen nicht, ob wir uns bewegen oder stehenbleiben sollten. „Should I Stay or Should I Go?“ – dieser Frage müssen wir auf den Grund gehen. Wir müssen untersuchen, was Störungen bewirken und wie wir die dahinterliegenden Ängste besser adressieren können.
Omnikrisen zeichnen dystopische Zukunftsbilder. Wenn wir die Wirkzusammenhänge besser verstehen, wird klarer, wie wir uns als Organisation verändern müssen:
- Welche Maßnahmen sollten wir ergreifen?
- Zu welchen Zeit- oder Datenpunkten sollten wir uns erneut mit diesen Themen beschäftigen?
Störsignale halten uns davon ab, Wirkung zu erzielen
Da die Wirkung und das Spüren von Wirkung eine der größten Motivationen der Menschen darstellen, ist klar was Störungen nie bewirken sollten – eine Störung! Für einen bewussten Umgang mit Störungen empfehlen wir, diese systematisch zu sammeln, sich mit ihnen in einem geeigneten Rahmen auseinanderzusetzen, die Gefahren und Risiken zu benennen und ihre möglichen Auswirkungen zu skizzieren.
Viele Störungen führen zu ähnlichen Ergebnissen. Wenn der unternehmerische Erfolg leidet und die Marktsignale auf Krise stehen, wird sich eine Organisation anpassen müssen. Die einzige Möglichkeit, diesem Dilemma zu entkommen, ist der bewusste Aufbau von Resilienz, das Betreiben von Vorsorge und die Erkenntnis, welche Chancen eine Organisation verpasst, wenn sie in der Krise den Krisenmodus vorzeitig aktiviert und dadurch eigene Potenziale abschaltet und sich seiner eigenen Zukunftsaussichten beraubt.
Wir treten ein für ein behutsames Umschalten. Let’s clear the noise and strengthen the signal!